Die Aussagen der Tiroler Landesregierung auf dem Prüfstand
Tirol fordert eine Hochgeschwindigkeitsstrecke als deutschen Brenner-Nordzulauf
Die Bürgerinitiativen entgegnen, die Argumentation von Claudia Jöchl (Büro Landesrat Rene Zumtobel) ist in vielen Bereichen absolut nicht stichhaltig.
Fr. Jöchl weist in Ihrer Stellungnahme darauf hin, dass:
- „Die Mühldorf-Strecke … keine Kapazitätsentlastung für den Korridor München-Rosenheim-Kufstein“ darstellt, „da sie geographisch eine völlig andere Relation bedient.“ Weiterhin führt Fr. Jöchl aus: „Die EU-Kommission hat klargestellt, dass sie nur in internationale Hauptkorridore (z.B. Scan-Med) erheblich investiert, nicht aber in regionale Parallelstrecken ohne internationale Wirkung.“
Bundesbahndirektor a.D. Gerhard Müller (Sachverständiger im Auftrag der Bürgerinitiativen) macht deutlich:
- Dass die ABS 38 München-Mühldorf-Salzburg sehr wohl den Brenner-Nordzulauf, vor allem im Abschnitt München-Rosenheim entlasten kann, da dann alle Züge mit Richtung Salzburg über Mühldorf fahren könnten und damit den Abschnitt Rosenheim entlasten.
Thomas Unger (Bürgerforum Inntal) ergänzt:
- Die Bahnstrecke München-Mühldorf-Freilassing ist keineswegs eine „regionale Parallelstrecke ohne internationale Wirkung“, sondern Teil des TEN-Korridors Rhine-Danube und der Magistrale Paris-Budapest/Bratislava. Daher ist sie natürlich ebenso förderungsfähig durch die EU wie der Scan-Med-Korridor und es sind auch schon Fördermittel geflossen, siehe z. B. hier.
- Aus dem Verkehrsforum der DB-Netz AG ⤓ vom 14.05.2019 ist zu entnehmen:
„Der leistungsfähige Ausbau der ABS 38 entlastet den Abschnitt München – Rosenheim – Freilassing“, „Der leistungsfähige Ausbau der ABS 38 sorgt dafür, dass Güterzüge und Fernverkehrszüge von München – Rosenheim (- Freilassing) auf München – Mühldorf – Freilassing sich verlagern. Wesentlicher Grund für die Verlagerung ist die attraktivere Fahrzeit über Mühldorf – Freilassing.“
Fr. Jöchl:
- „…muss der Brennerbasistunnel schon alleine aufgrund des prognostizierten Wirtschaftswachstums von 40 Prozent bis 2040 seine volle Wirkung entfalten können. Die DB Korridorstudie (2021) belegt, dass nur die Neubaustrecke zwischen Grafing und Kiefersfelden den prognostizierten Verkehr dauerhaft bewältigen kann.“
Thomas Unger:
- Von einem Wirtschaftswachstum von 40% bis 2040 auszugehen ist absolut unrealistisch. Zwischen Rosenheim und Kufstein besteht/droht außerdem – zumindest nach der Verkehrsprognose 2030 kein Engpass: Eine Streckenüberlastung beginnt laut DB-Definition ab 110 %, das wäre nach heutigem Stand ohne Ausbau von ETCS eine Zugzahl von 316 pro Tag. Bis dahin sind noch 40 % Kapazität verfügbar. ETCS und die Einführung von langen Güterzügen (740 m) erhöhen die Kapazität bei gleicher Zugzahl weiterhin.
Somit erscheint ein bedarfsgerechter Ausbau als angemessen und ausreichend, wie ihn die DB-Netz bereits 2019 vorgeschlagen hat. Eine Verlagerung von Verkehren auf andere Alpenübergänge würde eine weitere Entzerrung bringen.
Gerhard Müller:
- „Auf deutscher Seite des Nordzulaufs wurde schon vor 25 Jahren die Strecke Rosenheim-Kiefersfelden (als ABS 40) in einer ersten Stufe für eine Leistungsfähigkeit von mindestens 280 Zügen pro Tag ausgebaut. Ausgenutzt wird diese nur mit Strecke ca. 180 Zügen! In diesem Abschnitt sind also wesentliche Kapazitätsreserven vorhanden, eine weitere Ertüchtigung auf ca. 400 Züge pro Tag ist kein großes Problem.“