AllgemeinBrennernordzulauf

Bericht zur Veranstaltung in Stephanskirchen

Vortrag von Arno Luik: Schaden in der Oberleitung

Rund 250 Interessierte kamen in den Saal des Gasthofs Antretter in Stephanskirchen, um sich dem Vortrag „Schaden in der Oberleitung“ des Journalisten Arno Luik zu widmen, der als Autor des gleichnamigen Bestseller-Buches bundesweit bekannt ist. Eingeladen dazu hatten die Bürgerinitiativen im Rosenheimer Land, allen voran der Brennerdialog Rosenheimer Land e.V., dessen 1. Vorsitzender Lothar Thaler eingangs über den Stand des Verfahrens beim Brenner-Nordzulauf informierte und das Alternativkonzept der Bürgerinitiativen hervorhob. Karl Mair, Bürgermeister der Gemeinde Stephanskirchen, äußerte sich anschließend kritisch zur abgeschlossenen Vorplanung der Bahn und bedankte sich für die Aktivitäten des Brennerdialogs. Thomas Unger, 1. Vorstand des Bürgerforums Inntal e. V., berichtete über das Scoping-Verfahren der Bahn zur Umweltverträglichkeit, bei dem – insbesondere durch ihn selbst – zahlreiche Ungereimtheiten aufgedeckt und moniert wurden. Das Eisenbahnbundesamt reagierte inzwischen mit einer deutlichen Erweiterung des Untersuchungsumfangs. Christoph Ohliger schließlich informierte über das auf seine Initiative hin gegründete „Aktionsbündnis Bahn-Bürgerinitiativen Deutschland“ (ABBD) und dessen bundesweite Aktivitäten.

Der Gastredner Arno Luik, der sich seit vielen Jahren mit dem schleichenden Niedergang der Deutschen Bahn befasst, wies in seinem Vortrag auf die zahlreichen Missstände hin und erläuterte deren Ursachen. Verantwortlich für den desaströsen Zustand, die verschlissene Infrastruktur und die Unzuverlässigkeit der Bahn seien eine Reihe von ehemaligen Bahnchefs, die aus der Auto- und Luftfahrtbranche kamen, in puncto Bahn aber nur Azubis mit überhöhten Bonuszahlungen gewesen seien. Die Bahn sollte ein börsennotierter Weltkonzern werden, wurde stattdessen aber jahrzehntelang kaputtgespart und ist heute hoch verschuldet. Das Schienennetz verringerte sich um 20 Prozent, auch die Zahl der Industrie-Gleisanschlüsse und Verladebahnhöfe sank deutlich. Durch den Abbau zahlreicher Weichen stieg das Risiko für Verspätungen und Engpässe. Die Bahn habe sich mittlerweile zu einem Staat im Staate entwickelt mit Managern, denen ihre Macht zu Kopfe gesiegen sei. Schließlich zitierte Luik den Verkehrsplaner Karlheinz Rößler, der die Bahn eine „Scheinverkehrsfirma“ und einen „Betrugskonzern“ nannte, u. a. wegen Veruntreuung von Steuergeldern.

Hinsichtlich des Brenner-Nordzulaufs (BNZ) zog Luik Parallelen zu anderen Bahnprojekten wie der „Feste Fehmarnbelt-Querung“ und erklärte, dass die Bahn derartige Großprojekte bevorzuge, weil die Bauaufsicht viel Geld bringe. Er kritisierte den hohen CO2-Ausstoß beim Bau und beim Betrieb von Tunneln. Der Energieverbrauch der Züge steige im Tunnel stark an, besonders bei Geschwindigkeiten über 200 km/h. Überdies bezeichnete Luik – wie bereits in einem vorab veröffentlichten Interview im OVB – beim BNZ eine Neubaustrecke wegen fehlenden Bedarfs als komplett überflüssig und als Steuergeld-Verschwendung. Die Rosenheimer Region habe keinerlei Vorteile von diesem Projekt, da viele Güterzüge – wie bei anderen neugebauten Hochleistungsstrecken auch – weiterhin die Bestandsstrecke nutzen würden. Bei Nutzung derartiger Bahnstrecken seien nämlich hohe Trassenpreiszuschläge fällig, welche zudem die Güterverlagerung vom Lkw hin zur Bahn hemmen. Ferner sei es notwendig, den insgesamt ständig steigenden Straßen- und Schienengüterverkehr zu reduzieren.
Luik beschloss seinen Vortrag mit einem ermunternden Aufruf an die Zuhörer, trotz allen Gegenwinds optimistisch und aktiv zu bleiben.